AG Frankfurt am Main, Urteil vom 16.12.2014 – 30 C 2801/14
- Kliniken haften nicht für von Patienten begangene Urheberrechtsverletzungen in Filesharing-Netzwerken.
- Rechteinhaber haften für Anwaltskosten des Abgemahnten, wenn sie ihre vorgeschalteten Pflichten der Informationsbeschaffung verletzen.
Die Klägerin, ein Klinikunternehmen, das in ihrer Firmenbezeichnung die Angabe „Klinik“ enthielt, wurde von einem Musikverlag (Beklagte) wegen Filesharings anwaltlich abgemahnt. Die Klägerin erwiderte hierauf ebenfalls anwaltlich und wehrte die Ansprüche der Beklagten ab und wies die Beklagte darauf hin, dass sie eine Klinik sei und offensichtlich ein Patient die behauptete Urheberrechtsverletzung über das zur Verfügung gestellte WLAN-Netzwerk begangen habe. Die Beklagte verzichtete umgehend auf ihre Ansprüche.
Die Klägerin verlangte daraufhin von der Beklagten die ihr entstandenen Anwaltskosten erstattet, da die Beklagte im Zeitpunkt der Abmahnung hätte wissen können, dass eine Klinik weder als Täterin, noch als Störerin der Urheberrechtsverletzung hafte, wenn ein Patient die Rechtsverletzung über ein bereitgestelltes WLAN begangen hat.
Das AG Frankfurt am Main entschied, dass die Abmahnung der Beklagten einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der klagenden Klinik begründet, weshalb die Beklagte die eingeklagten Anwaltskosten für die Abwehr der unberechtigten Abmahnung zu erstatten habe.
Hinweis für die Praxis:
Mit der Entscheidung wurden dem beklagten Musikverlag Sorgfalts- und Prüfungspflichten auferlegt. Es war im Zeitpunkt der Abmahnung erkennbar, dass die Abmahnung unberechtigt war, weshalb eine Kostenerstattungspflicht ausgelöst wurde. Lässt sich also bereits der Firmenbezeichnung des Abgemahnten entnehmen, dass eine Haftung als Täter oder Störer ggf. nicht in Frage kommt, sollte einer Abmahnung regelmäßig eine sog. Berechtigungsanfrage zur Informationsbeschaffung vorausgehen. Damit können Abmahner etwaige Erstattungspflichten vermeiden.
Zu Unrecht Abgemahnte von temporären Unterkünften (z.B. Hoteliers, Vermieter, Kliniken etc.) haben künftig nun bessere Chancen ihre entstandenen Anwaltskosten erstattet zu verlangen. Handelt es sich bei dem Anschlussinhaber um eine Privatperson, kann ggf. § 97a Abs. 4 UrhG zur Anwendung kommen.
– Die Klägerin wurde in diesem Verfahren erfolgreich von Thole Legal vertreten. –